Notizen zur Wolfenbütteler Schulgeschichte

von Rudolf G. A. Fricke

Wolfenbüttel hatte und hat einen Ruf als Schulstadt. Dieser Ruf gründet sich zum einen darin, dass schon sehr früh ein Schulwesen in der Stadt zu verzeichnen ist, das sich in traditionsreichen Lehranstalten manifestiert hat. Zum anderen aber auch in der Tatsache, dass hier ein überaus breit gefächertes Angebot an Lehranstalten – Fachschulen, private Spezialschulen, Seminare, allgemeinbildende Schulen etc. – etabliert war.

 

Die nachfolgenden Notizen zur Schulgeschichte erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie basieren auf bisher nur oberflächlich gesichteten Quellen1 und sind, bei genauerer Recherche wohl sehr wahrscheinlich korrekturbedürftig.

  Die Anfänge

Ihrem Ursprung nach sind Schulen Einrichtungen der Kirche gewesen. Im Mittelalter wurden sie von Stiften, Klöstern und Pfarrkirchen eingerichtet, um mit Hilfe der Schüler die Liturgie würdig zu gestalten, den geistlichen Nachwuchs zu sichern. Der Schülerchor hatte seinen festen Platz bei den weihevollen Gebräuchen, mit denen das Volk an die Heilszusicherungen der Kirche herangeführt wurde.

 

Kirchliche Einrichtungen unterhielten also Schulen und bestimmten deren Unterrichtsform und -inhalt. In dem sich entfaltenden Stadtleben kündigten jedoch Ratsregiment, Kaufmannschaft und Gewerbe weiter reichende lebenspraktische Bildungsbedürfnisse an, die zu befriedigen die kirchlichen Schulen nicht willens oder auch nicht fähig waren. So kam es zur Einrichtung von Stadtschulen, wo man alte Sprachen lehrte, aber auch rechnete und in Ansätzen Realfächer pflegte.

 

Richtungskämpfe solcher Art hat Wolfenbüttel nicht erlebt. Dazu waren die beiden Siedlungskerne»Dammfestung« und »Unser lieb Frauen« bis weit ins 15. Jahrhundert hinein viel zu unbedeutend. Die früheste gesicherte Nachricht vom Vorhandensein einer Art von Schulwesen stellt die 1485 formulierte Erwartung des Herzogs Wilhelm d. J. (gest. 1503) dar, dass "Priester und Chorschüler von Unser leven Fruwen auf dem Schloß zu Gottes Lob und Marien Ehr" an der Schule mitwirken sollten.

  Knabenschule und Jungfrauenschule

Mit»Unser lieb Frauen« ist die Marienkapelle, Vorläuferin der Hauptkirche BMV gemeint, sowie die Ansiedlung, die später auch»Heinrichstadt« genannt wurde. 1561, unter Herzog Heinrich d. J. (1489-1568), wurde die Marienkapelle erweitert, zur Pfarrkirche erhoben und auch ein Schulmeister berufen. Von dem Protestantenfeind war allerdings nicht zu erwarten gewesen, dass er damit der umfassenderen Aufforderung Martin Luthers gefolgt wäre, Schulen einzurichten, wie sie dieser 1524 in seinen Schriften "An die Rathsherren ..." und "An den christlichen Adel ..." erhoben hatte.

 

Nach des Herzogs Vertreibung im Schmalkaldischen Krieg ordnete das Statthalter-Regiment 1542 an, dass "das Haus der papistischen Pfaffen" zu einer Knabenschule verändert werden solle und auch eine Jungfrauenschule vorzusehen sei. Der Unterricht sollte so gestaltet sein, dass "nach christlicher Ordnung das zeitliche Wohl und das ewige Heil" erlangt werden möchte. Ob diese Schulen damals allerdings verwirklicht wurden ist fraglich. Ebenso fraglich ist, wo sich die Schullokale befunden haben könnten.

  Erste Stadtschule

1569 kam Heinrichs Sohn Herzog Julius (1528-1589) zur Regierung und verfügte sogleich die Reformation. In der Kirchen- beziehungsweise der darin enthaltenen Schulordnung2 heißt es, dass in der Heinrichstadt christliche Schulen für Knaben und Mägdlein einzurichten seien, "Gottes Wort darin zu lernen, um recht viele Seelen dem Herrn Christ zu gewinnen". Dass bei der angedeuteten Zielsetzung die Schule bei der Geistlichkeit am besten aufgehoben war, leuchtet ein. Die Frage stellt sich, ob das „Lernen“ seinerzeit ein methodisches Erarbeiten oder ein reines Auswendiglernen bedeutet hat. Es steht in der Schulordnung auch kein Wort über die Vermittlung von Kulturtechniken, lebenspraktischen Kenntnissen und Fertigkeiten.

 

Diese erste Wolfenbütteler Stadtschule soll sich am östlichen Ende des Heinrichstädtischen Kirchhofs – etwa im Bereich des heutigen Bankgebäudes an der Großen Kirchstraße – befunden haben.3 Der Herzog vertraute seinem geistlichen Konsistorium die Schulaufsicht an. Dieses wiederum beauftragte im Elementarbereich die Küstereien mit der „Information“ – das ist Anfangsunterricht oder »Kleine Schule«. Für die »Große Schule« wurden Gelehrte herangezogen.

  Große Schule

Am 1. Mai 1596 wurde für die »Große Schule« ein fünfklassiger Neubau südlich der Marienkapelle geweiht, den Herzog Heinrich Julius (1564-1613) noch vor Baubeginn der Hauptkirche hatte errichten lassen. Dieses Haus hat ein Portal gehabt, geziert mit dem fürstlichen Wappen und einem griechischen Spruch des Inhalts: „Dies Schulhaus sei des Geistes Wohnung, diene der Ehre Gottes und der Hingabe an die Wissenschaften“.

 

In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) kam der Unterricht zum Erliegen: Wolfenbüttel sah sich für 18 Jahre belagert und besetzt; das Schulgebäude wurde als Pferdestall missbraucht. Erst nach dem Einzug von Herzog August d. J. (1579-1666) wendete sich das Geschick: 1645 war die »Große Schule« wieder hergestellt. 1651 ordnet Herzog August das Schulwesen neu und die nun „Hochfürstliche Schule“ genannte »Große Schule«, erhielt universitätspropädeutische Aufgaben.

 

Das Schulhaus am heutigen Praetoriusplatz hat bis 1705 gedient, wurde zu dieser Zeit baufällig und ist zwecks Erweiterung des Kirchhofs 1708 abgebrochen worden. Herzog Anton Ulrich (1633-1714) stellte deshalb die Commisse – vormals Mühle, auch herzoglicher Großmarkt, Hochzeitshaus und Garküche – als Ersatzschulhaus zur Verfügung.

 

1749 erhielt die Schule den Namen „Herzogliche Große Schule“. Im 18. Jahrhundert auch, folgte man der allgemeinen Entwicklung im deutschsprachigen Raum, in der Naturwissenschaften, Deutsch und moderne Fremdsprachen zu Standardunterrichtsfächern wurden und nahm beispielsweise 1789 Französisch in den Unterrichtsplan auf. Im 19. Jahrhundert folgte die Schule auch einer auf Wilhelm von Humboldt zurückgehenden Initiative in Preußen, mit Gymnasium unmittelbar zur Universität entlassende Schulen zu benennen. 1824 wird das Abitur als Abschlusszertifikat für das Gymnasium eingeführt. Im Sinne der freiheitlich-demokratischen Bestrebungen dieser Zeit wird 1828 auch eine Turngemeinde nach den Reformen des Turnvaters Jahn gegründet.

 

1879 wurde das Herzogliche Gymnasium an den Rosenwall in ein neu errichtetes Schulhaus verlegt, seither Große Schule genannt.

 

1928 wird die Schule in ein Reform-Realgymnasium umgewandelt, das heißt man gab sich eine naturwissenschaftlich-mathematische Ausrichtung. Im Zuge der Neuorganisation der Schullandschaft in der Bundesrepublik Deutschland, nach dem Ende des 2. Weltkrieges, wurde das neunjährige Gymnasium der Weimarer Republik wiederhergestellt.

 

1964 öffnet sich das bisher reine Jungengymnasium auch den Mädchen. Im ersten Schuljahrgang nach dieser Entscheidung der Koedukation besuchen zwei Mädchen die Große Schule. 1996 wird ein bilinguales Unterrichtsangebot eingerichtet.

  Nebenhausschule, Kirchhofs- oder Friedhofsschule

Für die Hauptkirchengemeinde war nach dem Dreißigjährigen Krieg neben dem Schulhaus der »Großen Schule« (am Praetoriusplatz) ein Kantor- und Opfermannshaus mit zwei Schulstuben erbaut worden. Es hieß zum Unterschied Nebenschulhaus, ab 1708 Friedhofs- oder Kirchhofsschule. Zeitweilig war das Haus in Gänze an Garnisonskantoren vermietet. Ob diese in den nun Privaträumen weiter Schulunterricht abhielten, lässt sich nicht belegen. Jedenfalls ist ab 1821 in der Friedhofsschule kein Unterricht mehr gehalten worden. 1897 wurde das Gebäude abgebrochen. Etliche Jahre später (1915) entstand am gleichen Ort das Gemeindehaus BMV.

  Spritzenhausschule

Die Spritzenhausschule befand sich über Feuerlöschgerät, Fleischscharren (= Fleischereiverkauf) und Garküche in einem langgestreckten Haus, das von der »Alten Apotheke« am Kornmarkt bis zur Ecke Klosterstraße reichte. Auf der Nordseite grenzte das Gebäude hart an eine offene Gracht, „Mudde- oder Steingraben" genannt.

 

Das Spritzenhaus war 1617 unter Herzog Friedrich Ulrich (1591-1634) erbaut worden. Die zum Unterricht bestimmte Wohnung im Obergeschoß war mit ihren niedrigen, dumpfen Räumen, Butzenscheibenfenstern, Torfofenheizung, Gipsfußboden und den Geruchsbelästigungen aus den unteren Gewerken nur schlecht geeignet. Da aber die Einwohnerzahl infolge der Verlegung von Hof und Ämtern 1754 nach Braunschweig von etwa 9000 Seelen auf 5600 sank, damit auch die Anzahl schulbedürftiger Kinder schrumpfte, hielt man die Räumlichkeiten für ausreichend.

  Gotteslager- und Herzogtorschule

Die befestigte Stadt reichte Anfang des 17. Jahrhunderts bis an die geradlinige Verbindung Karlsberg (= Hotel Altes Kaffeehaus) - Kaisertor (= Trinitatiskirche) - Philippsberg (= Strafvollzuganstalt). Dicht vor dem Kaisertor (Landeshuter Platz) befand sich das »Gotteslager«, eine utopisch geplante Vorstadt des Herzogs Julius, deren Verwirklichung aber schon bald wieder aufgegeben wurde. Dort war 1589 eine Dreifaltigkeitskirche4 errichtet worden, 1596 auch ein Pfarr- und Schulhaus. Dieses ging jedoch im Dreißigjährigen Krieg verloren.

 

Herzog August d. J. ließ 1651 das Pfarr- und Schulhaus wiedererbauen. Aber nur kurze Zeit darauf konnte ihn sein Festungsbaumeister davon überzeugen, dass genau in diesem Gebiet eine Schwachstelle in der Festungsanlage vorlag. So wurde 1655 das Kaisertor geschlossen und dafür das Herzogtor eingerichtet. Der Wasserlauf wurde geändert und über einer Kasematte der Garnisonberg5 aufgeschüttet.

 

Natürlich musste zuvor die Ansiedlung »Gotteslager« umgesetzt sein. Die Wohnhäuser wurden abgetragen und in der Mehrzahl als »Neues Gotteslager« auf der nord-östlich gelegenen Höhe der Okerterrasse wieder aufgebaut.

 

Außer einer Brücke am Herzogtor gab es bis 1863 keine direkte Verbindung zwischen der Altstadt und dem neuen Gotteslager. Das bedeutete für die Kinder recht weite Schulwege. Zur Abhilfe wurde 1662 in der Hinteren Straße – heute Juliusstraße 25 – die »Gotteslagerschule« gebaut und mit einem Schulmeister versehen. Anfang des 19. Jahrhunderts reichte sie räumlich nicht mehr aus und wurde 1843 auf Abbruch verkauft.

 

Zur Gotteslagergemeinde gehörten auch die Gärtnerkinder vom Alten und vom Neuen Weg. Um deren Schulweg abzukürzen, wurde ein ehemaliges Forsthaus am Grünen Platz6 erworben und auf zwei Klassenräume erweitert. Doch hatte man wenig Freude an der »Herzogthorschule«, weil bei mehreren Hochwassern der Oker das Haus wie auch die Gärtnerhäuser bis hin zum Kälberanger durchflutet wurden. Der Bau wurde stockig und ungesund, dass man sich gern wieder davon trennte. Hinzu kam, dass viele Eltern ihre Kinder in die leistungsfähigeren Jahrgangsklassen der Innenstadtschulen umgemeldet hatten, so dass es der »Einlehrerschule für alle Jahrgänge« an Schülern fehlte. 1859 wurde die »Herzogthorschule« aufgehoben.


In diesem Bereich der Juliusstraße befand sich die "Gotteslagersche Schule"

  Neuordnung des Schulwesens

Herzog August d. J. ließ 1651 eine neue Schulordnung ausarbeiten. Darin wurde nach Schulen in den Städten, Flecken und Dörfern, Stiften und Klöstern unterschieden. Die Schulordnung spricht eine Schulbesuchspflicht aus, diese aber auch in Privatunterricht durch Hauslehrer zugelassen. Die Schule selbst sollte fertiges Lesen von Druck und Schrift erreichen, dazu notdürftiges Schreiben, Anfänge von Latein. Als Lehrmittel wurden Katechismus, Psalmen und Evangelien vorgeschrieben.

 

Eine wichtige Neuerung ist das Amt des Generalschulinspektors. In dieser Einrichtung ist wohl der Versuch zu sehen, den Herzog – also die Staatsgewalt – unmittelbar, unter Umgehung des schwerfälligen Amtsweges vom Ortsgeistlichen über Inspektionen und Konsistorium, von der „Lage vor Ort“ zu unterrichten.

  Das Winkelschulwesen

Schon vor der Schulordnung von 1651 hat es Privatunterricht in so genannten Winkelschulen oder Klippschulen gegeben. So ist beispielsweise überliefert, dass eine „ausgediente Apothekerin“ sich um 1590 in der „Heinrichstädtischen Rathsschenke und Brauhaus“ (= Eckgrundstück Brauergildenstraße-Kanzleistraße) als „Kinderlehrerin“ betätigte. Nun mit der gesetzlichen Erlaubnis von Privatschulen, boten zahlreiche Männer und Frauen ihre Dienste in der „Information“, wie man das Unterrichten nannte, an. Friedrich Koldewey nennt die Stallmannsche Winkelschule und noch acht Präzeptoren. Die weiblichen „Privatlehrer“, Lehrwasen oder auch Vasen genannt, durften eigentlich nur Mädchen von drei bis sechs Jahren in hauswirtschaftlichen Fertigkeiten unterweisen. Oft verstießen sie aber gegen dieses Gebot, indem sie auch Lesen, Schreiben und Beten lehrten und die Schüler-Altersgrenze missachteten.

 

Nach einer Erhebung von 1733 bestanden manche dieser Winkelschulen über Jahrzehnte. Die meist geringe Schülerzahl ermöglichte ein engeres, individuelles, familiäres Verhältnis einander, so dass sie einige wohl auch besser waren als der allgemeine Ruf der Winkelschulen. Besonders die Schulkollegen der Großen Schule stellten sich in dem Punkt gegen die Winkelschullehrer, indem sie vordergründig Zweifel an deren Eignung äußerten, hintergründig ging es aber wohl darum, dass die Winkelschulen ihnen das Zubrot nahmen.

  Ritterakademie

Am 18. Juli 1687 wurde von den herzoglichen Brüdern Rudolf August (1627-1704) und Anton Ulrich (1633-1714) im Hause des „Kleinen Schloss“ – ein Nebengebäude zum eigentlichen Wolfenbütteler Schloss – die so bezeichnete Ritterakademie »Rudolph- Antoniana« eingerichtet. Sie war als eine Ausbildungsanstalt für Sprösslinge des Hofes konzipiert, die aber auch von Studenten anderer Fürstentümer und dem Ausland besucht wurde. Unterrichtet wurde u.a. Theologie, Geschichte, Mathematik und Fremdsprachen.

Namentlich nachweisbar, besuchten über 300 Studenten die Ritterakademie. Nach ihrer Auflösung, 1715, geriet die Schule aber alsbald in Vergessenheit.

  Neuordnung 1754

Unter dem Einfluss seiner Ratgeber hatte sich Herzog Carl I. (1713-1780) die Überzeugung zu eigen gemacht, dass „nur ein guterzogenes und schulmäßig gut gebildetes Volk zu wirtschaftlicher Leistung kommen kann". Um also „Commercium und Gewerbe recht in Flor" zu bringen, versuchte er neben den höheren Bildungsanstalten auch das Volksschulwesen zu fördern.

 

Dazu ließ er die »Kleine Schule« in vier Klassen Leseschule und drei Klassen Lehrschule gliedern. Die Leitung und Beaufsichtigung dieser »Kleinen Schulen« führte einer der Prediger der Stadt. Die eigentliche Direktion lag in der Hand des Obersuperintendenten.

 

Der niederen Leseschule wurde aufgegeben, nur noch Leseunterricht, d. h. Anfangsunterricht zu erteilen. Den Unterricht in den drei höheren Lehrklassen übernahmen Seminaristen und Präzeptoren aus dem Schulmeisterseminar. Durchgeführt wurde der Unterricht der drei höheren Lehrklassen im Waisenhaus, dem oberen Raum in der Friedhofschule und im Spritzenhaus.

  Vereinigte Bürgerschulen

Was im Ständestaat von 1790 zu erreichen nicht möglich war, die Trennung von Staat und Kirche, war während der Napoleonischen Zeit im Königreich Westfalen durch einen Federstrich erfolgt. Schulbauträger wurde die politische Gemeinde. Das blieb auch so nach der Restauration 1815, wenn auch Herzog Friedrich Wilhelm (1771-1815) sogleich das Konsistorium wiederum als Schulaufsichtsbehörde eingesetzt hat.

 

In der Verantwortung für die Schulgebäude der nunmehr vereinigten Bürgerschulen wurde dem Magistrat eine langfristige Planung und Besserung der Schulverhältnisse aufgegeben. Doch bleibt die Raumnot durch verschiedene Umstände beständige Begleiterin der Wolfenbütteler Schulgeschichte.

 

Um 1820 wurde die alte Einwohnerzahl 9000 fast wieder erreicht, damit einher stieg auch die Zahl der Schulpflichtigen an. Und schon mussten Mädchenjahrgänge in einen angemieteten Notbehelf am Kleinen Zimmerhof ausgelagert werden (das alte Gebäude Nr. 10 besteht jetzt nicht mehr). Auch ein Teil der Freischule – sie wurde von Kindern besucht deren Eltern das Schulgeld nicht aufbringen konnten – musste in ein abgelegenes Haus an der Karlstraße ausweichen.

 

In dieser Situation fiel das Haus Schlossplatz 19 (Eckhaus zum Schulwall) an den Fiskus. Der gab es 1821 an den Stadtmagistrat zur Einrichtung einer Töchterschule. Nachdem alle Mädchen das Spritzenhaus und den „Zimmerhofausweich“ verlassen hatten, konnten die Knaben auf Spritzen- und Waisenhaus zusammengezogen und die angemietete Friedhofsschule aufgegeben werden. Eine Ideallösung war das für die Jungen aber keineswegs.


Ab 1821 Mädchen-Bürgerschule

 

Nicht unerwähnt sei hier noch, dass das Gebäude Schlossplatz 19 zuvor schon mal in gewisser Weise als Schule gedient hatte. 1790 zog der Pädagoge Ernst Christian Trapp (1745-1818) von Braunschweig hier her. Um seine Leibrente etwas aufzubessern, unterhielt er in den Räumlichkeiten bis zu seinem Tode ein Schulpensionat.

  Schule Kanzleistraße


Das ab 1828 als Schulhaus genutzte Gebäude Kanzleistraße/Klosterstraße

1828 gelang es dem Stadtmagistrat, das geräumige Eckhaus Kanzleistraße-Klosterstraße zu erwerben. Das 1581 bebaute Grundstück war zuvor durch viele Hände gegangen. In das Hauptgebäude zog nun die Knabenschule ein, in den Trakt entlang der Klosterstraße die Freischule. In ein Nebengebäude auf dem Hof brachte man die Feuerwehr unter. Danach ist das nun nicht mehr für Schulzwecke erforderliche Spritzenhaus auf dem Kornmarkt abgebrochen worden.

 

Das Schulhaus Kanzleistraße blieb noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Behelf für überfüllte Volks-, Realschul- und Förderklassen; zwischen den beiden Weltkriegen beherbergte es die weltliche (konfessionsfreie) Schule. Auch die Fortbildungsschule – heute Berufsschule genannt – sowie die Erwachsenenbildung der Volkshochschule fanden hier vorübergehend ein Zuhause.

  Schulhaus Harzstraße

 

Schon 1829 begann man an der fünfstufigen Bürgerschule den Bildungsbedürfnissen eines aufstrebenden Bürgertums dadurch Rechnung zu tragen, dass man „gehobene Klassen“, Realklassen oder Selekta genannt, einrichtete. Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts bei steigender Einwohnerzahl die ungegliederten Vorstadtschulen zugunsten der Jahrgangsklassen in der Innenstadt eingingen, als die Bürgerschule neben dem Eigenbedarf für ihre „gehobenen Klassen“ gesonderter Räume bedurfte, reichte das Vorhandene nicht mehr aus.

 

Um Abhilfe zu schaffen, wurde 1858 das stattliche Doppelhaus Harzstraße 3/4 durch den Magistrat aufgekauft. Das Beamtenhaus war um 1721 errichtet worden und hatte nach etlichen Besitzerwechseln zuletzt einem Bäckermeister gehört. Anders als beim Erwerb des Hauses an der Kanzleistraße entschloss sich der Magistrat hier zu einem schulspezifischen Umbau: Beispielsweise erzielte man durch den Verzicht auf die für Wolfenbüttel wegen des hohen Grundwasserstandes so typischen Hochkeller und durch Absenkung von Kellerdecken im Erdgeschoss die für Schulzwecke wünschenswerten hohen Räume.

 

Nach dem Umzug der Knabenschule von der Kanzleistraße in die Harzstraße nannte sie sich I. Bürgerschule, während in der Kanzleistraße die II. Bürgerschule, vormalig Freischule, verblieb.

Das Schulhaus an der Harzstraße wurde 1860 von 432 Jungen besucht. Dazu kamen 80 Schüler in zwei „gehobenen Klassen“. 1866 wurde die Bürgerschule siebenstufig. Die „gehobenen Klassen" schwollen besonders dadurch an, dass sich das Ansehen des Lehrerstandes wesentlich verbessert hatte und viele Schüler, gerade auch vom Land, in diesen Beruf drängten. 1873 äußerten 77 Schüler diesen Berufswunsch.

 

Als 1879 das Lehrerseminar am Robert-Everlin-Platz in Dienst gestellt wurde, konnten die Präparanden (also jene die Volksschullehrer werden wollten) in der Harzstraße ausgegliedert werden. Das schaffte Raum, zugleich aber begann der Aufbau einer sechsstufigen selbstständigen höheren Bürgerschule unter ihrem ersten Direktor Karl von Hörsten (1855-1926). Das Staatsministerium folgte mit der Genehmigung dieser Schulform einem wachsenden Druck aus der Bürgerschaft nach Einrichtung einer gymnasialen Lehranstalt, die junge Menschen in einer 6stufigen Realienbildung ohne Latein darauf vorbereitete, in den verschiedenen Berufsarten des gewerblichen, kaufmännischen und landwirtschaftlichen Lebens eine leitende Stellung einnehmen zu können. Weil die Räume des alten Hauses dafür nicht ausreichten, entstanden auf dem Schulhof vier neue Klassenräume in einem dünnwandigen Fachwerkhaus als Provisorium. Wie das so mit Provisorien zu gehen pflegt: Der Behelf ist noch heute, nach mehr als 130 Jahren, in Benutzung.

 

Der Aufbau der höheren Bürgerschule begann mit 140 Jungen und neun Lehrern. Der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht spielte eine große Rolle, ebenso die Beherrschung der deutschen Sprache. Nach den Leitvorgaben des Schulleiters von Hörsten sollten die Schüler aber auch "zur geistigen Selbständigkeit" geführt werden, sich Tugenden wie gewissenhaftes Arbeiten, Reinlichkeit, Ordnung, gesittetes Benehmen, Gehorsam, Pflichterfüllung und Wahrhaftigkeit aneignen.

Der Aufbau der höheren Bürgerschule war 1884 abgeschlossen und mit Datum 24. März erfolgte die offizielle Schulformgenehmigung.

Die Tatsache nun Knaben-Mittelschule und höhere Bürgerschule unter demselben Dach zu haben, erwies sich räumlich mehr und mehr als unerträglicher Zustand. Auch die Töchterschule am Schlossplatz platzte um diese Zeit aus allen Nähten. Es mehrten und verschärften sich unter der Elternschaft Proteste gegen die Situation.

  Schule Wallstraße

In solcher Lage entschloss man sich 1883 zu einem Schulneubau, hatte man sich doch bis dahin immer nur beholfen. Ein Zweiflügelbau an der Wallstraße mit Jungen- und Mädchentrakt wurde für damalige Zeit großzügig und vorbildlich konzipiert. Selbst an Räume für einen Kindergarten, an eine Lehrküche, Raum für die Industrieschule (so nannte man damals die Unterweisung in Nadelarbeiten), war gedacht worden; auf dem Hinterhof der Schule eine Sporthalle. Zudem war ein Erweiterungsbau um drei Klassen konzipiert, der in späterer Zeit verwirklicht sein sollte – in der Realität am Ende des 1. Weltkrieges.

links:
Traditionsfahne der
1. Bürgerschule Wolfenbüttel

Die Fahne wurde wahrscheinlich 1914 gestiftet.

 

rechts:
1. Bürgerschule
an der Wallstraße

Postkartenansicht, ca. 1900

Am 16. April 1885 fand die Einweihung des Schulgebäudes statt. Wie es in Niederschriften der Zeit heißt, versammelten sich Knaben und Mädchen in ihren alten Schulen und zogen mit Gästen, Obrigkeit und Lehrern gemeinsam unter Glockenläuten zur neuen Schule Wallstraße. Außer den Bürgerschulklassen waren noch Realklassen („höhere“ Bürgerschulklassen) mit in das Gebäude eingezogen. Sie übersiedelten aber schon 1886 wieder in das Schulgebäude an der Harzstraße.

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde aus dem Herzogtum der Freistaat Braunschweig, innerhalb der demokratischen Republik Deutschland. Mit den sich verändernden politischen Verhältnissen gingen zum Teil drastische Veränderungen im Schulsystem einher: Aus der Bürgerschule Wallstraße wird die Volksschule Wallstraße; alle Kinder besuchen ab 1920 als Gemeinschaftsschule vier Jahre die Grundschule, danach wechseln sie an weiterführende Schulen oder werden in der Volksschule weitergeführt; an die Stelle des Konsistoriums tritt das Landesschulamt als staatliche Behörde mit dem Minister für Volksbildung als oberste Aufsichtsinstanz; statt des Seminar -und Schuldirektors führt nun der Stadtschulrat die Aufsicht über die Volksschulen.

 

Nachdem sich die Schularbeit stabilisiert hatte und viele Neuerungen in den Schulalltag, in die Methodik eingezogen waren, schlug das Pendel der Veränderungen nach der Wahl von 1930 noch einmal heftig aus. Der Nationalsozialist Klagges wird Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig, Hitler zum Braunschweigischen Regierungsrat ernannt und damit in Deutschland eingebürgert. Dem Rausch der Machtübernahme 1933 folgte dann 1939 der Ausbruch des 2. Weltkrieges. „Natürlich“ wird nationalsozialistisches Gedankengut auch Bestandteil im Schulalltag an der Wallstraße. Die Schule ist unmittelbar von Kriegsauswirkungen betroffen: Beispielsweise kann in der ersten Septemberhälfte des Jahres 1939 kein Unterricht abgehalten werden, weil das Gebäude Evakuierten aus dem Saarland als Notunterkunft dienen muss. Im April 1941 ist die Turnhalle der Schule mit 150 Fallschirmjägern belegt, die sich hier auf einen Einsatz in Kreta vorbereiten. Es folgen Unterrichtsausfälle wegen mangelnden Heizmaterials und diverse Beschlagnahmungen der Schulräume. Im Schultagebuch wird festgehalten, dass zum Ende des 2. Weltkrieges an einen einigermaßen geregelten Unterricht kaum noch zu denken ist.

 

Wechselvoll präsentieren sich die Verhältnisse unmittelbar nach dem Ende des schrecklichen Krieges: „Durch den großen Spitzbogeneingang unserer Schule gingen zunächst … Angehörige des Lazaretts. Nach dessen Auflösung wurde das Haus benutzt als Durchgangslager für Evakuierte und Vertriebene. Erst Mitte Oktober 1946 zogen wieder Kinder ein in die Schulräume, die nun kahl und leer auf einen neuen Anfang warteten.“ Es mussten viele Schwierigkeiten gemeistert werden. Von verschiedenen Schulböden holte man das ausgediente Mobiliar zusammen. Manche Kinder mussten sogar selbst eine Sitzgelegenheit mitbringen. Noch im September 1947 stellte man fest, dass von den 1897 Schülern 41,7% keine festen Schuhe besaßen. Unter der Lehrerschaft herrschte pädagogische Unsicherheit; in einer Phase der Besinnung suchten sie nach neuen Wegen und Anknüpfungspunkten.

 

Mit Beginn des Schuljahres 1949/50 wurde die Schule aus verwaltungstechnischen Gründen in die selbstständigen Schulen Wallstraße I und II geteilt, ohne eine räumliche Trennung vorzunehmen. Der Unterricht wurde so durchgeführt, dass jeweils sämtliche Klassenzimmer im Wechsel vor- und nachmittags von je einer der beiden Schulen benutzt wurden. Beide Schulen der Wallstraße unterrichteten im Schuljahr 1950/51 insgesamt 49 Klassen mit 2436 Schülern in 21 Klassenzimmern. Außerdem benutzte die Sonderschule im unteren Korridor Süd noch 3 Räume.

 

Nachdem 1954 die Sonderschule in das Waisenhaus umgezogen war, wurde auch eine räumliche Trennung der Schulen I und II durchgeführt. Nun konnte jede Schule versuchen ihr Eigenleben zu entwickeln. Inzwischen war auch die Wilhelm-Raabe-Schule gebaut und die Schulbezirke der Stadt neu aufgeteilt. Dadurch gab es „Luft“ im Gebäude an der Wallstraße. Die Zahl von jetzt je 900 Kindern in Schule I und II wird verheißungsvoll für eine sich nun anbahnende Normalisierung empfunden. Aber die Freude währt nicht lange.

 

Zunächst einmal wird aus der Wallstraße II eine katholische Bekenntnisschule, die Schüler anderer Glaubensrichtungen werden der Wallstraße I zugewiesen. Die zudem stetig steigende Schülerzahl in beiden Schulen bringt Jahr für Jahr neue Spannungen auf. Dazu kommt die drängende Notwendigkeit der Erstellung von Spezialräumen. Die vorhandenen Sonderräume reichten für die höheren Klassenstufen weder ihrer Zahl nach, noch mit ihren veralteten Einrichtungen aus. Hinzu kam, dass nun auch die Klassenzimmer einer grundlegenden Renovierung bedurften. Die Fußbodenbretter waren im Laufe der Jahrzehnte ausgetreten. Die Belichtung und Schalldämpfung ließ sehr zu wünschen übrig. Der Zustand der Turnhalle war durch Über- und Fremdnutzung als sehr schlecht zu bezeichnen. Dazu rückte die Einrichtung des 9. Schuljahres in immer greifbarere Nähe.

 

Als erfreuliche Meldung wurde in dieser Situation (am 18.12.1958) der erste Spatenstich für einen Schulneubau am Geitelplatz notiert. Ostern 1964 wurde die Schule am Geitelplatz selbstständig und übernahm von der Schule Wallstraße I etwa ein Drittel der Kinder.

 

Im Jahr 1970 einigen sich die Parteien im Niedersächsischen Landtag in einem schulpolitischen Kompromiss auf die Einführung einer Orientierungsstufe (Klassenstufe 5 und 6). Das hat Auswirkungen auf die „Bewohner“ der Wallstraßenschule, denn eine der in Wolfenbüttel einzurichtenden Orientierungsstufen soll langfristig in dem Gebäude unterkommen. Ab Sommer 1974 ist die Schule beständige Baustelle. Ein neuer Sanitärtrakt, ein Raum für den Schulassistenten, das Lehrerzimmer und die Verwaltungsräume werden neu erstellt. An der nördlichen Seite des Schulgebäudes entsteht ein Anbau mit Klassen und Funktionsräumen. Durch Umbau der Kohle- auf Ölheizung wird viel Raum im Keller gewonnen.

 

1978 kann die Orientierungsstufe einziehen. Mit dem dort bereits beheimateten Hauptschulzweig, den Schüler der Klassenstufen 7, 8, 9 und ab Schuljahr 1981/82 auch freiwillige 10.-Klässler besuchen, sind es wieder zwei eigenständige Schulen, die in der Wallstraße arbeiten. Man arrangiert sich.

 

Neuerliche Unruhe kommt auf, als im Februar 2002 die SPD-Landesregierung die Auflösung der Orientierungsstufe als eigenständige Schulform beschließt. 2003 macht die nun amtierende CDU/FDP-Koalition im Niedersächsischen Landtag sozusagen „Nägel mit Köpfen“, indem sie die ersatzlose Abschaffung der Orientierungsstufe mit Wirkung zum Schuljahr 2004/05 beschließt. In der Folge der Umstrukturierung der Wolfenbütteler Schullandschaft zieht die Hauptschule Wallstraße in das Gebäude der ehemaligen Orientierungsstufe an der Cranachstraße und nennt sich alsbald Erich Kästner-Hauptschule. Das Schulgebäude Wallstraße wird Außenstelle der drei Wolfenbütteler Gymnasien, die hier bis zur Schaffung ausreichenden Unterrichtsraumes an ihrer jeweiligen Stammschule ihre 5.- und 6.-Klässler beschulen.

 

2008 gestattet die Niedersächsische Landesregierung im Landkreis Wolfenbüttel die Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule. Als dafür geeignetes Gebäude wird von den Regionalpolitikern das Schulhaus an der Wallstraße angesehen. Haus und Grund gehen in den Besitz des Landkreises Wolfenbüttel als für die IGS zuständigen Schulträger über. Es beginnen umfangreiche, auf die Bedürfnisse der Schulform zugeschnittene Renovierungsarbeiten an dem Schulgebäude. Mit dem Schuljahr 2009/10 beginnt der erste Schülerjahrgang der IGS seine Unterrichtstätigkeit. Parallel dazu wird das Haus immer noch von zwei, bald nur noch von einem Gymnasien als Außenstelle genutzt – und die Schule ist Baustelle.

  Wie ging es weiter an der Harzstraße

1892 musste die höhere Bürgerschule ihre gymnasiale Sonderstellung aufgeben und wurde zur Realschule. Die jetzt vergebenen Abschlüsse berechtigten zum Beispiel zum Wechsel an eine Oberrealschule, zum Besuch einer landwirtschaftlichen Hochschule oder einer gewerblichen Fachschule.

 

Viele der Realschulabsolventen wechselten anschließend an die Oberrealschule um das Abitur zu erlangen. Da es eine derartige Schule nur in Braunschweig gab, stand immer die Forderung im Raum, die Wolfenbütteler Realschule zu einer „Vollanstalt“ auszubauen. Aber erst 1926 waren die Bemühungen von Erfolg gekrönt. Wie sehr man sich seinerzeit über den Ausbau zur Oberrealschule freute, zeigt sich vielleicht daran, dass der „Verband der Ehemaligen“ einen Fackelzug zum Rathaus organisierte, um Bürgermeister Eyferth für sein Engagement in der Sache zu danken.

 

1932 schied die Leiterin der Schlossanstalten aus dem Dienst. Was zugleich Auswirkungen auf die Oberralschule an der Harzstraße hatte. Statt die Stelle neu zu besetzen, gliederte man die Mädchenschule der Oberrealschule an und deren Leiter übernahm nun auch die Leitung des Lyzeums. Zudem verlegte man auch die Oberrealschule in Räumlichkeiten des Schlosses.

 

Im Hause Harzstraße blieb die Mittelschule, als Realschule 2. Ordnung ansässig.7 Mit den veränderten gesellschaftlichen Entwicklungen der Zeit nach 1945, wuchs die Schülerzahl so stark an, dass man sich zu einer Teilung der Schule entschloss. An der Cranachstraße entstand ein Schulzentrum, in das 1971 ein Teil der Schüler- und Lehrerschaft umzog und nun in Wolfenbüttel eine zweite eigenständige Mittelschule – später Leibniz-Realschule genannt – bildete.

 

1975 verließ auch die „Realschule Harzstraße“ das angestammte Gebäude und zog in einen Neubau an der Ravensberger Straße.

  Gymnasium und reformierte Oberschule

1938 wurden die höheren Schulen unter dem Namen "Oberschule" vereinheitlicht. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann eine Neuorganisation der Schullandschaft. Für die im Schloss beheimatete "Städtische Oberschule für Jungen" und die Anna-Vorwerk-Mädchenoberschule blieb die Verwaltungsunion noch bis 1958 bestehen.

1959 begann man dann für die Jungenoberschule mit dem Bau eines neuen Schulgebäudes im Kalten Tal, im Westen Wolfenbüttels. Am 25. September 1962 zogen 430 Schüler mit ihren Lehrkräften vom Schloss in das neue Gebäude an der Karl-von-Hörsten-Straße, benannt nach dem ersten Leiter der gehobenen Bürgerschule an der Karlstraße, in der die Oberschule ihre historischen Wurzeln sah. Die gleichzeitige Wahl von Theodor Heuss als Namensgeber, der für Humanität, Freiheit, Selbstverwirklichung und zweckfreies geistiges Streben stand, sollte das pädagogische Leitbild der Schule dokumentieren.

Die Abkehr von der bisherigen Bildungstradition führte 1972 zur Neugestaltung der Oberstufe. An die Stelle eines verbindlichen Fächerkanons traten nun Aufgabenfelder mit gleichwertigen Fächern. Am Theodor-Heuss-Gymnasium wurde die reformierte Oberstufe im Sommer 1974 eingeführt.

 

Im November 1974 wurde ein Erweiterungsbau bezogen, der notwendig geworden war, da die Schülerzahl inzwischen auf über 900 gestiegen war.

  Bekenntnisschulen8

Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 galt für die Untertanen in den zahlreichen Territorien des 1. deutschen Kaiserreichs „Wess. Herrschaft, dess' Religion". Davon stellten die Juden und die Katholiken in Wolfenbüttel eine Ausnahme dar.

 

1786 eröffnete der Hofbankier Philipp Samson (1743-1805) in der Harzstraße – Nr. 12, das Haus mit dem reichen Spruch- und Maskenschmuck – eine zunächst einklassige talmudsche Religionsschule; dazu ein Internat für arme und elternlose Judenkinder. Eine interfamiliäre Hinterlassenschaft bildete nachfolgend den finanziellen Grundstock für den „Samsonschen Legatenfonds“, aus dem 1843 und 1858 für die wachsende Schule der Erwerb der Grundstücke Commissstraße Nr. ass. 364 und 365 (von heute Erdbrink & Vehmeyer bis China Restaurant) finanziert wurde.

 

Unter der Leitung von Samuel Meyer Ehrenberg (1773-1853) reformierte sich die Thora-Talmud-Schule zu einem dem deutschen Schulwesen angenäherten Institut. 1881 wurden erstmals auch nichtjüdische Schüler aufgenommen. 1888 ist die Internatsschule eine anerkannte „Realschule mit Einjährigen-Berechtigung“. 1896 zieht die Schule in einen am nördlichen Stadtrand gelegenen stattlichen Neubau, am nach Braunschweig führenden Neuen Weg. Aus wirtschaftlichen Gründen ging die Schule 1928 ein.

 

Smalian: „Es verdient festgehalten zu werden, dass die Samsonschüler in das Wolfenbütteler Schulleben voll integriert gewesen sind. Bei den alljährlichen sommerlichen Meesche-Wettkämpfen der Schulen holten sie ihre Eichenlaub-Siegerkränze wie die Besten aus den anderen Schulen. Ihre Fußballmannschaft errang mehrfach die Stadtmeisterschaft… Samsonschüler nahmen an der Jung-Deutschland-Bewegung wie die Schüler anderer Schulen teil, – kurz sie empfanden sich als Angehörige unserer Nation... Umso schmerzlicher mussten sie die Ereignisse seit 1933 treffen, umso beschämender für uns, die wir das Unrecht nicht zu verhindern vermochten.“

 

1707 gestattete der zum Katholizismus konvertierte Herzog Anton Ulrich den katholischen Bewohnern der Stadt einen regelmäßigen Gottesdienst. Dieser fand zunächst im Haus eines Schornsteinfegermeisters Schwarze, Krumme Straße 54, statt. Vermutlich wurde dort auch Schule abgehalten. 1778 erwarb die Gemeinde mit finanzieller Unterstützung der Franziskaner aus Halberstadt das Nachbarhaus Nr. 55, das nun zum Zentrum der katholischen Gemeinde wurde.

 

In der westfälischen Zeit (1807-1813) kam es vorübergehend zur Trennung von Kirche und Staat. Damals verfügte der Präfekt die Übereignung des Hauses Enge Straße 9 an die katholische Gemeinde. 1810 zog dort der Schulmeister ein und unterrichtete in dem kleinen Haus.

Das Adressbuch von 1872 weist schließlich als katholische Schule Bruch Nr. ass. 523 aus. Das ist das Grundstück Krumme Straße 56, das 1861 vom amtierenden Pfarrer zur Schule bestimmt worden war und auf dem 1885 für diesen Zweck ein vierklassiger Backsteinneubau entstand.

 

Bis 1939 reichte der Bau für die zahlenmäßig kleine Schülerzahl aus. Bei Kriegsausbruch wurde das Haus für Evakuierte aus dem Saarland beschlagnahmt, die Bekenntnisschule aufgehoben und die Kinder in die zur Gemeinschaftsschule erklärten Volksschule an der Wallstraße eingewiesen.

 

Nach Flucht und Vertreibung infolge des unseligen Krieges, fanden in Wolfenbüttel zahlreiche katholische Familien aus dem Osten eine neue Heimat. Das Niedersächsische Schulgesetz von 1954 eröffnete die Möglichkeit zur Wiedereröffnung von Konfessionsschulen. Davon machte die katholische Kirche 1956 Gebrauch, was in der öffentlichen Diskussion nicht ohne Reibereien ablief. Im Schulgebäude Wallstraße wurde ein Trakt für die Kinder katholischer Konfession abgeteilt.

 

Wegen entstandener Raumprobleme im nichtkatholischen Teil der Wallstraße wurde die Katholische Schule 1967 in die Karlstraße umgesetzt. Als 1975 die Gliederung in Primärbereich, Orientierungsstufe und Sekundarklassen erfolgte, gleichzeitig das Gebäude des ehemaligen Lehrerseminars (seit 1923 „Deutsche Oberschule in Aufbauform“ und nach dem Kriege „Niedersächsische Heimschule") am Robert-Everlin-Platz frei geworden war, zog die Katholische Schule dort ein.

  Starke Frauen

Henriette Breymann (1827-1899), Tochter eines Pfarrers, war von ihrem Onkel Heinrich Fröbel in pädagogischen Ansichten so stark beeinflusst worden, dass sie 1856 in ihrem Heimatort Watzum am Elm eine Heimschule für junge Mädchen eröffnete. 1864 wurde die Heimschule als „Neu Watzum“ nach Wolfenbüttel verlegt. Hier am Neuen Weg ist sie bekannter unter dem Namen „Breymanns Institut“ gewesen.9 Das Erziehungsziel war, bei den jungen Frauen eine geistig geweckte Mütterlichkeit zu erreichen, was damals zweifellos ein Stück Frauenemanzipation bedeutet hat. Bis zu der unter dem NS-Regime erzwungenen Schließung 1941 haben etwa 2000 Schülerinnen wertvolle praktische Kenntnisse der Frauenbildung und Kinderpflege dort gewonnen.

 

Eine anfängliche Mitstreiterin der Henriette Breymann war Anna Vorwerk (1839-1900). Diese hatte jedoch Vorstellungen von weiblicher Erziehung, in der reine Verstandesbildung ein größeres Gewicht einnahm. Die Wege der beiden Frauen trennten sich zwangsläufig.

  Schlossanstalten

Hätte der Hof 1753/54 Wolfenbüttel nicht den Rücken gekehrt, um ins benachbarte Braunschweig zu ziehen, wäre das Schloss wohl nie als Nutzungsort für Schulen in Betracht gekommen. So aber konnte Anna Vorwerk 1866 in verwaisten Räumen des barocken Schlosses einen Kindergarten und drei Elementarschulklassen für Mädchen einrichten. Die Schule wuchs und alsbald kam auch noch ein Lehrerinnen-Seminar hinzu.

 

Die "Schlossanstalten", wie man die privat geführte Schule nannte, strahlten weit über das provinzielle Wolfenbüttel hinaus. Neben den Schülerinnen aus Wolfenbüttel und Braunschweig, die den Großteil ausmachten, kamen weitere aus Hannover und anderen preußischen Provinzen, gar aus ganz Deutschland und vorwiegend dem europäischen Ausland.

 

1878 wurde vom Vorstand ein Antrag auf staatliche Unterstützung gestellt, da auf privater Basis kaum qualifizierte Lehrkräfte gefunden werden konnten. Damit war ein neuer Weg beschritten, der in der Weimarer Republik seinen vorläufigen Abschluss fand: die Überführung der privaten "Schlossanstalten" in eine staatliche Schule. Nach dem Tode der tatkräftigen Schulgründerin Anna Vorwerk, am 18. November 1900, wurden die Anstalten 1902 in eine Stiftung umgewandelt. 1913 wurde im Schloss neben dem vorhandenen privaten Lyzeum eine Mittelschule für Mädchen eingerichtet, die 1922 die Stadt Wolfenbüttel übernahm. Seitens der Braunschweigischen Staatsregierung bestand nämlich zunächst kein Interesse, Lyzeum und Oberlyzeum weiterzuführen, doch bald war davon nicht mehr die Rede. Die "Schlossanstalten" waren unter dem Namen "Anna-Vorwerk-Oberschule" eine staatliche Oberschule für Mädchen geworden. 1969 hielt die Koedukation Einzug im Schloss - aus der höheren Töchterschule wurde 1970 das Gymnasium im Schloss.

  Erwachsenenbildung, Arbeiterbildung10

Eine Überprüfung der politischen Verhältnisse in Wolfenbüttel, im Jahre 1852, ergab, dass in der Stadt seit einiger Zeit (1848) ein Arbeiter-Bildungsverein existierte: „Dem Statute nach verfolgt dieser Verein keine unerlaubte Zwecke, es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß ein Zweig oder Ausschuß dieses Vereins sich auch mit anderen Dingen beschäftigte, als im Statute bezeichnet sind. Dies näher zu erforschen, habe ich mir Mühe gegeben, bis jetzt habe ich jedoch überall nichts Zuverlässiges dieserhalb in Erfahrung bringen können und gebe ganz gehorsamst anheim, ob etwa Hannover, von wo nicht selten Zuschüsse zu der Casse des hiesigen Vereins erfolgen sollen, nähere Nachrichten nachzusuchen sein möchten. Wolfenb. d. 30. März 1852 Herzogl. Braunschwg. Lün. Kreisdirection.“11

 

Nach einer Verbotswelle gegenüber Arbeitervereinigungen, von der auch der Wolfenbütteler Arbeiterbildungsverein betroffen war, regten sich in vielen Teilen Deutschlands nach Aufhebung des Bundesbeschlusses rasch wieder freiheitlich und demokratisch gesinnte Kräfte. „Mit dem Jahre 1860 begann die Gründung von Arbeitervereinen und zwar in Form von Arbeiter-Bildungsvereinen sozusagen epidemisch zu werden ...,“12 erinnerte sich August Bebel. Lebenszeichen eines sich neu formierenden Arbeiterbildungsvereins lassen sich für Wolfenbüttel erst im Jahr 1865 fest machen: am Sonntag, dem 30. Dezember, um 4.00 Uhr nachmittags, fand in der Gaststätte Häge, am Schlossplatz, eine Zusammenkunft von an der Arbeiterbildung Interessierten statt. Ein Arbeiter-Bildungsverein wurde gegründet.

Ein genaues Gründungsdatum ist allerdings nicht überliefert, ja scheint selbst unter den Mitgliedern umstritten gewesen zu sein. Ein für den Herbst 1866 geplantes Stiftungsfest wurde nämlich „des zweifelhaften Geburtstages des Vereins wegen aufs nächste Frühjahr verschoben.“. Man einigte sich auf den 23. Februar 1866 als Gründungsdatum, den Tag, von dem das erste Sitzungsprotokoll existierte. Auch wer die Gründungsmitglieder waren, ließ sich nicht mehr eindeutig ermitteln. Über den ersten Vereinsvorsitzenden kann nach den Zeitungsberichten der Zeit nur gesagt werden, dass es sich um einen Schneidermeister handelte. Nach den verschiedenen Zeitungsberichten über Vereinsaktivitäten kann mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, dass ein Dr. Schrader, die Lehrer Kost und Spier sowie ein Metalldreher C. F. Müller von Anfang an aktiv dabei waren.

 

Der Kreisphysikus Dr. med. Ludwig Schrader gehörte dem liberalen Nationalverein an. Er zog mit engagiertem öffentlichen Eintreten für die Besserung der sozialen Lage für die Arbeiterschaft immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Christian Kost, Lehrer an der I. Bürgerschule, gehörte ebenfalls dem liberalen Lager an. Er präsidierte häufig bei den Vereinsversammlungen und übernahm nach dem Rücktritt des namentlich nicht bekannten Schneidermeisters den Vorsitz in dem Arbeiterbildungsverein. C. F. Müller, seinerzeit etwa 26 Jahre alt, war ein Anhänger Lassalles und war auch Mitglied in der sozialistischen Internationale. Samuel Spier, Lehrer an der jüdischen Samsonschule, wandelte sich im Laufe seiner Tätigkeit im Arbeiterbildungsverein vom bürgerlich Liberalen zum Lassalleaner. Ganz entscheidend zeichnete er für eine zunehmende Politisierung des Bildungsvereins verantwortlich und formierte nicht nur eine politische Arbeiterbewegung in Wolfenbüttel, sondern wurde zu einem der führenden Köpfe in der frühen deutschen Sozialdemokratie.

 

Auf den ersten Versammlungen des Arbeiterbildungsvereins galt es zunächst, Vereinsstatuten zu erarbeiten, geeignete Unterrichtsräume zu finden und das Unterrichtsprogramm festzulegen. Nach den verabschiedeten Statuten durfte jeder mindestens achtzehnjährige unbescholtene Erwachsene Mitglied werden. Bei Aufnahme waren einmalig zweieinhalb Groschen zu zahlen; als Mitgliedsbeitrag wurden monatlich fünf Groschen erhoben. Die Mitgliedschaft schloss die Teilnahmemöglichkeit an allen Vereinsveranstaltungen und die Nutzung der Vereinsbibliothek ein.

 

Für die Unterrichtstätigkeit wurde dem Verein vom Stadtmagistrat die Nutzung von Räumlichkeiten in der Bürgerschule an der Harzstraße bewilligt. Auflagen gab es nur in Hinblick auf das ordentliche Betragen - Alkohol- und Rauchverbot - und das saubere Hinterlassen der benutzten Klassenräume. Im April 1866 konnte der Unterricht beginnen: jeweils dienstags, mittwochs und freitags von 8.00 bis 10.00 Uhr abends, in den Fächern Naturkunde, Orthographie, Schreiben, Stilübungen, Geschichte, Geographie, bürgerliches Rechnen und praktische Geometrie. In einem Zeitungsbericht vom 27. März 1866 heißt es dazu: „Der kürzlich hier gegründete »Arbeiter-Bildungs-Verein« ist schon zu 70 Mitgliedern herangewachsen. Für jeden Volksfreund muß es eine erfreuliche Wahrnehmung sein, wenn man die Zeichen des Fortschritts unaufhaltsam sich entfalten sieht... Tüchtige Lehrer haben ihre Thätigkeit zugesagt… Möge der gute Zweck eines solchen Vereins allgemein anerkannt und unterstützt werden, damit aus diesem in Blüthe stehenden Vereine für die Zukunft reiche Früchte erwachsen ...

 

Nach diesem recht erfolgversprechenden Anfang schien der Arbeiterbildungsverein wenige Monate später schon wieder an seinem Ende angekommen zu sein. Wegen mangelnder Beteiligung musste das Unterrichtsangebot um einen Tag gekürzt werden. Offensichtliche Zwistigkeiten unter den Vorstandsmitgliedern nagten an der Attraktivität des Vereins. „Nur mit großer Schwierigkeit und nur durch äußere Strafandrohung wurde es möglich, die Unterrichtsstunden kümmerlich im Zuge zu erhalten. Zudem kamen die ungünstigen Zeitverhältnisse des verflossenen Sommers hinzu, eine Anzahl Vereinsmitglieder wurde zu preußischem Militärdienst einberufen, bei anderen hatte sich der Reiz des Neuen verloren und waren diese darum ausgetreten. Einzelne Vorstandsmitglieder, zuletzt auch der bisherige Vorsitzende (ein Schneidermeister), hatten aus entstandenen Mißhelligkeiten den Verein verlassen, kurz derselbe war von 70 - 80 Mitgliedern ... auf eine Mitgliederzahl von 34 herabgesunken und befand sich augenblicklich in einer gefährlichen Krisis. Um diese zu überwinden, wurde auf gestern Nachmittag eine Generalversammlung einberufen, die ziemlich zahlreich besucht war... Nachdem Herr Lehrer Kost die Versammlung eröffnet, auch nach Behandlung der bisherigen Vorstandsfrage den Wunsch ausgesprochen, alle persönlichen Angriffe zu unterlassen, warf Lehrer Spier einen kurzen Rückblick auf das vergangene halbjährliche Leben des Vereins.“

 

Man arrangierte sich letztendlich im Vorstand, nahm einige organisatorische und personelle Änderungen vor, und mit dem beginnenden Winter verstärkte sich das Vereinsleben wieder. Die Mitgliederzahl stieg erfreulich, und der Unterricht konnte, recht gut besucht, in regelmäßigem Turnus stattfinden. Doch schon zum Sommer 1867 ebbte das allgemeine Interesse an dem Verein neuerlich ab. Nachdem mehrere Versuche zur Reaktivierung ohne entscheidenden Erfolg geblieben waren, hörte der Arbeiterbildungsverein faktisch im Dezember 1867 auf zu existieren.

 

Ein wesentlicher Grund für den so schnellen Untergang des Vereins muß in einer zunehmenden Politisierung gesehen werden, dessen ideologische Ausrichtung den Nationalliberalen zumindest wenig behagte und sie dem Arbeiterbildungsverein ihre Unterstützung entzogen. Mit Blick auf die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg kann man den Arbeiterbildungsverein vielleicht als den Vorläufer der Kreisvolkshochschule ansehen. Zumindest nutzten und nutzen sie dieselben Räumlichkeiten.

  Vielfältiges Bildungsangebot

Wolfenbüttel als Schulstadt besaß oder beherbergt außer allgemeinbildenden Schulen noch weitere Einrichtungen der Ausbildung, die hier nur erwähnt werden sollen:
 

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Musikschulen: Neben verschiedenen privaten Musiklehrkräften für Klavier und Violine gab es im Kleinen Zimmerhof vor und nach dem Ersten Weltkrieg die Musikschule des Julius Völter.

 

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Aus kleinen privaten Anfängen der Diplom-Ingenieure Harder und Dr. Massig entwickelte sich ab 1928 im Elster-Geitel-Haus am Rosenwall das Technikum Wolfenbüttel. Nachdem daraus im Zweiten Weltkrieg die „Staatliche Ingenieurschule" geworden war, wuchs diese zur „Fachhochschule Braunschweig-Wolfenbüttel“ mit dem Gebäudekomplex an der Salzdahlumer Straße 46. Heute nennt sich die Fachhochschule Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften und Wolfenbüttel ist nur ein Standort. 

 

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Ebenfalls 1928 begann der künstlerisch begabte, ideenreiche Bernhard Lambrecht an der Meesche eine „Meisterschule für das Conditorhandwerk“ aufzubauen. Längst bundesweite Bedeutung erlangt, wechselte das Unternehmen in einen Neubau am Neuen Weg.
Am 31. Dezember 2004 stellte die Schule ihren Betrieb ein. 

 

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Als Folge tiefgreifender Umstrukturierung in der Landwirtschaft musste in den 1970er Jahren die Bildungsanstalt für Landwirte ihren Betrieb einstellen. In zweisemestrigen Lehrgängen im Winterhalbjahr hatte sie unter Dr. Feick seit 1920 - zuletzt im Schulhaus Schlossplatz 19 - Generationen von jungen Landwirten das theoretische Rüstzeug für ihren vielseitigen Beruf vermittelt.

 

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Die private, in Braunschweig von Oskar Kämmer 1945 gegründete Handels- und Abendschule richtete bald auch in Wolfenbüttel, Breite Herzogstraße 13, eine Zweigstelle ein. Heute ist sie staatlich anerkannte Fach- und Fachoberschule.

 

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Für die Kinder der britischen Kaserne bestand an der Elbinger Straße die „British Primary School". Sie bereitete ihre Schüler auf den Anschluss an einer weiterführenden Schulen in England vor
Mit der Auflösung des Standortes wurde die Schule überflüssig, das Gebäude abgerissen und durch Wohnbauten ersetzt. 

 

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In mehreren Bauabschnitten hat der Landkreis an der Lindener Straße 13 auf dem Gelände der ehemaligen Artilleriekaserne Sonderschulen, „Schule am Teichgarten I" und „Schule Zeughausstraße G", errichten lassen. Sie sind entstanden aus den Förderklassen der Schule Wallstraße der 30er Jahre. Seit 1952 waren sie mehr schlecht als recht im Waisenhaus und in der Kommisse einquartiert gewesen. Seit Mitte der 70er Jahre stehen für lern- wie für gehbehinderte Kinder reichliche Räume mit zweckmäßiger Ausstattung zur Verfügung.

 

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Unter den berufsbildenden Schulen des Landkreises ist noch die Carl-Gotthard-Langhans-Schule, Wilhelm-Brandes-Straße 11, zu nennen, die ehedem Fortbildungsschule und Berufsschule hieß und vornehmlich dem Gewerbenachwuchs dient. 

 

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Ein breitgefächertes Angebot der Erwachsenenbildung bietet die Kreisvolkshochschule an, die zum Schulgrundstück Harzstraße 3/4 noch das ehemalige Gasthaus „Zum wilden Mann", Harzstraße 2, vorbildlich erneuert, hinzu erhalten hat, Aus verschiedenen Arbeitsgemeinschaften seit 1946 entwickelt, hatte sich die Volkshochschule mit den unterschiedlichsten Räumlichkeiten in der Stadt jahrzehntelang behelfen müssen.

 

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Lessing-Akademie

 

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Musikakademie

 

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Lehrerseminar

 

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Niedersächsische Heimschule

 

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Anmerkungen

1  Smalian, Friedrich: Wolfenbüttel – Eine Stadt der Schulen. Wolfenbüttel 1985
Koldewey, Friedrich: Geschichte des Schulwesens im Herzogtum Braunschweig. Wolfenbüttel, Verlag Julius Zwißler, 1891

2  Dat ander deel disser ordeninge de scholen belangende.

3  Die Schule hat etwa 25 Jahre bestanden.

4  Deren Aussehen ist in einem Holzschnitt von 1620 des Elias Holwein überliefert (Kunstsammlung der Veste Coburg).

5  Ursprünglich nach seinem geistigen Vater „Corneliusberg“ genannt.

6  Haus Nr. 2; nicht mit der Gaststätte Forsthaus zu verwechseln.

7  Der Bogen; 4.Jg., Heft 6, Wolfenbüttel 1960.

8  Busch, Ralf: Samsonschule Wolfenbüttel (1786-1928). In: Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums 46, Wolfenbüttel 1986. Gröchtemeier, Markus: Jüdischer Rundgang Wolfenbüttel.Wolfenbüttel, Hrg. Kulturstadt Wolfenbüttel e.V.,  2011.

9  Nach dem Abriss des Gebäudes ist ein an dieser Stelle entstehender Seitenweg zur Erinnerung Henriette-Breymann-Weg genannt worden.

10 Vergl. Rudolf G. A. Fricke: Die Arbeiterbewegung in unserem Land. Cremlingen, Elm-Verlag, 1989.

11 Bericht Herzogliche Kreisdirection Wolfenbüttel an Herzogliches Staatsministerium über einen zu Wolfenbüttel bestehenden Arbeiter=Bildungs= Verein. NdsStA WF, 12 A Neu Fb. 5 Nr. 62166.

12 August Bebel: Aus meinem Leben. Berlin, Dietz Verlag, 1980.