Müller-Unkel

Louis

Geb. 13. Februar 1853 in Schmalenbuche

Gest. 23. Februar 1938 in Rudolstadt
                 
Er war führend in der Herstellung von Fotozellen, sein Name ist untrennbar mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen verbunden.

© Rudolf G. A. Fricke
     
                                               

Louis Müller-Unkel entstammte einer Region des Thüringer Waldes, in der die Glasfabrikation Tradition hat. Keimzelle dieser Tradition ist das nicht weit von Schmalenbuche entfernte Lauscha, als Fertigungsstätte von Weihnachtsschmuck berühmt. Der Tradition in seiner Familie folgend, lernte Louis Müller-Unkel das Glasbläserhandwerk. 1886 wechselte er nach Bonn, in die von Heinrich Geißler (1814-1879) gegründete Werkstatt. Das inzwischen von Franz Müller (1838-1906) geführte und nicht nur in Wissenschaftlerkreisen hoch angesehene Unternehmen war Anziehungspunkt für begabte Glasbläser, eine Art Meisterschule.

In Wolfenbüttel beschäftigten sich zu dieser Zeit die Physiker Elster und Geitel mit elektrischen Leitungsvorgängen in Gasen. Sie benötigten dafür technologisch anspruchsvolle Glasgebilde, für deren Anfertigung professionelle Hilfe erforderlich war. Man wandte sich an die renommierte Bonner Werkstatt. Hier wurde der junge, handwerklich begabte Louis Müller-Unkel mit der Ausführung des Auftrages betraut. Es folgten weitere Aufträge. Müller-Unkel sah in den noch zu erwartenden Aufträgen aus Wolfenbüttel und der im nahe gelegenen Braunschweig beheimateten Technische Hochschule günstige Voraussetzungen für eine selbstständige Existenz. Er eröffnete 1888 in Braunschweig, in unmittelbarer Nähe zur Technischen Hochschule eine eigene Glasbläserwerkstatt. Den ersten Auftrag, den er hier für Elster und Geitel ausführte, war ein evakuierter Glaskörper mit eingeschmolzenem Kathoden-Glühdraht und einer gegenüberliegenden Anode in Form eines runden Metallplättchens als Anode. Es ist der Vorläufer der in der Elektronik lange unverzichtbaren Glühkathodenröhren, in diesem Fall eine Glühkathodendiode.

Elster und Geitel erforschten den äußeren lichtelektrischen Effekt. In diesem Zusammenhang gelangten sie zur Erfindung der Fotozelle. Die lichtelektrischen Zellen stellte wiederum Müller-Unkel her. Er war alsbald in der Lage, Fotozellen in jeder gewünschten Ausführung herzustellen und nahm damit eine wissenschaftlich bedeutsame Position ein.

Müller-Unkel führte seine Arbeiten mit hohem fachlichen Anspruch aus. Das sprach sich herum. Heinrich Hertz (1857-1894), Philipp Lenard (1862-1947), Conrad Röntgen (1845-1923) und viele andere traten zu dem Braunschweiger Glastechniker in Kontakt. Er war dadurch an Entdeckungen und Entwicklungen beteiligt, die tief in die Ausprägungen unserer Zivilisation eingriffen. Wie neuere Forschungen zur Entdeckungsgeschichte der Röntgenstrahlen ergeben haben, waren es Gasentladungsröhren die Müller-Unkel für Röntgen anfertigte, mit denen dieser am Abend des 8. November 1895 seine sensationelle Beobachtung der körperdurchdringenden Strahlung machte. Röntgen hat sich nie öffentlich darüber geäußert, wie genau er zur Entdeckung der Strahlen gelangte. Nur sein Braunschweiger Glasbläser erhielt von ihm – versteckt – einige Informationen. Er orderte nämlich noch vor der Veröffentlichung seiner Entdeckung bei Müller-Unkel ein paar neue Röhren und machte detaillierte Angaben über deren Aussehen. Seiner Bestellung fügte Röntgen an, er habe mit den alten Röhren „etwas Hübsches erreicht". Als sich dann die Entdeckung der Röntgenstrahlen wie ein Lauffeuer verbreitete und eine riesige Nachfrage nach „Röntgenröhren“ entstand, verkündete Müller-Unkel, er könne Röhren „genau nach der Vorschrift des Hrn Prof. Röntgen“ liefern.

Als Louis Müller-Unkel nach Braunschweig kam, bezog er Räumlichkeiten an der Hamburger Straße. Alsbald zog er zur Rebenstraße. Seine Firma nannte er »Institut zur Anfertigung chemischer, physikalischer und meteorologischer Glaspräcisions-Instrumente«. Die Fertigung von sogenannten Gasentladungsröhren bestimmte die ersten Jahre seines Wirkens. Die in seinem ersten Firmenprospekt bereits aufgeführten „Chemischen Apparate“ belegen jedoch, dass er durchaus um weitergehende Kontakte zu Braunschweiger Wissenschaftlern bemüht war.
1898 verlegte er die Werkstatt in die Geysostraße. 1913 zog er zur Nordstraße und reduzierte, wahrscheinlich aus Altersgründen, sein Unternehmen auf eine reine Reparaturwerkstatt. Im April 1931 meldete er schließlich, mittlerweile achtundsiebzigjährig, sein Gewerbe ab. Seinen Lebensabend verbrachte er in der Nähe seiner alten Heimat, im thüringischen Rudolstadt, betreut von seiner Schwester und zwei Nichten. Er widmete sich jetzt ausgiebig seinem Hobby, dem Violinespiel. Im Alter von 85 Jahren ist Louis Müller-Unkel gestorben.

 
Firmenstempel



Glühkathoden-Diode
Q.: Nachlass Elster&Geitel, Große Schule



Ausstellungskatalog, 1889
Q.: Nachlass Elster&Geitel, HAB



Photozelle mit Kaliumamalgam
Q.: TU-Clausthal

                                               
Weiterführende Literatur: Rudolf G. A. Fricke, Günter Dörfel, Hermann Schaedel: Braunschweiger und andere Röntgen(röhren)pioniere Müller - Fachliche Verwandtschaften und verwandtschaftliche Beziehungen. In: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Band 98, 2017 (ZDB-ID 13606645), S. 125-140.

Zur Genealogie Müller: http://www.rudolf-fricke.de/Glasmacher/Mueller_Gen.htm
             
                                               
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