Loewenthal
gest. Juli 1951 in Ramoth Hashavim (Israel)
Neurologe, Mitbegründer der medizinischen Strahlentherapie |
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© Rudolf G. A. Fricke | |||||||||
Siegfried
Loewenthal war das jüngste von neun Kindern einer in Guttentag
ansässigen Kaufmannsfamilie. Mit finanzieller Unterstützung eines
älteren Bruders wurde es ihm möglich, nach dem Schulbesuch ein
Medizinstudium aufzunehmen: Würzburg, Berlin, München, Breslau.
Am ersten
Studienort, Würzburg, hatte er den Kunststudenten Max Dauthendey
(1867-1918)[3] kennen gelernt, der zu ihm eine schwärmerische
Freundschaftsbeziehung aufbaute. Die Beziehung wurde für Loewenthal
offenbar so erdrückend, dass er schließlich (1892) sehr deutlich den
Kontakt zu Dauthendey abbrach und sogar den seinerzeitigen Studienort
Berlin verließ, um Distanz zu ihm zu bekommen. |
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In dieser
Zeit auch, erfolgte die Heirat mit Josefine Erlanger (geb. 1871 in
Frankfurt a.M.), einer Schwester des Malers Philipp Jacob Erlanger
(1870-1934)[6]. Den Eheleuten Loewenthal wurden zwei Kinder
geboren: Tochter Charlotte, 1899 und Sohn Erich, 1905.
Charlotte (gest. 1958) wurde selbst Ärztin (Kinderheilkunde) und
heiratete den Arzt Hans Sigismund (Chanan) Steinitz (1902-1986), der in
der Praxis ihres Vaters arbeitete. Auch der Sohn (gest.1959) studierte
Medizin. Schon
nach relativ kurzer Zeit waren Lowenthals in der Braunschweiger
Gesellschaft bekannt. Ihre Wohnung geriet zu einem Zentrum der
Geselligkeit, in dem sich Künstler und Wissenschaftler jeder geistigen
Richtung zwanglos trafen. Zudem engagierte sich Siegfried Loewenthal in
regionalen Bürger- und Fachvereinen. Nach 1918 findet man ihn am Aufbau
einer Jugendfürsorge beteiligt. Im April 1919 ist er der Initiator eines
mehrtägigen Ärztestreikes, der eine Gegenwehr zu dem Versuch von
Spartakisten war, den jungen Freistaat Braunschweig in eine Räterepublik
zu verwandeln. Sein
Ansehen im gesellschaftlichen Bereich findet seine Entsprechung im
Ansehen, das er als Nervenarzt genoss. Dies weit über die Grenzen
Braunschweigs hinaus. Auch hier ist er in diversen Ärzteverbänden aktiv.
Beispielsweise gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Verbandes
»Kraftfahrender Ärzte«.
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Loewenthals Interessen als Mediziner gingen weit über die Neurologie
hinaus. Er befasste sich beispielsweise mit der Röntgentiefentherapie[8],
einer Methode zur lokalen Schmerzbehandlung, er experimentierte mit innengefilterten
Röntgenröhren und harter Röntgenstrahlung, führte Ganzbestrahlungen aus. Zwischen
1906 und 1914 gehörte sein medizinisches Augenmerk der Radioaktivität,
speziell der Entwicklung von Strahlentherapien in der Balneologie.
Fußend auf eigenen Forschungsprojekten publizierte Loewenthal
Fachbeiträge zu Bäder- und Inhalationskuren mit Radium und
Radium-Emanation (Radon), gab ein umfassendes Buch zur Radiumtherapie
und der biologischen Radiumforschung heraus. Als profilierter Pionier
der medizinischen Strahlenforschung war er Mitherausgeber der
Fachzeitschrift »Die Strahlentherapie« und gehörte er zu den
Gründungsmitgliedern der Berliner Radiologen-Gesellschaft. Seine
exponierte Position in der medizinischen Strahlenforschung mag
vielleicht auch daran abzulesen sein, dass die 1912 tagende
Internationale Radium Standardkommission seinem Vorschlag folgte, die
Maßeinheit für ein neu definiertes Strahlungsstandart »Curie« zu
nennen. |
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Um dem in
Kuranstalten betreuenden Personal den Emanationsgehalt eines
Therapieraumes anzuzeigen, konstruierte er ein „Emanoskop“. Es
funktionierte mit einem pfiffig erdachten Gegenspiel zweier
Strahlungsquellen. Auf der einen Seite sorgte die anzuzeigende
ionisierende Strahlung aus der Raumluft für die Aufladung eines
Elektroskops, auf der anderen Seite entlud die Strahlung einer
eingebrachten radioaktiven Substanz das Elektroskop. Waren beide
Strahlenwirkungen einmal aufeinander abgestimmt, befand sich das
Elektroskop in einem stabilen Ladungszustand. Veränderte sich nun der
Emanationsgehalt der Umgebungsluft, veränderte sich auch das
Gleichgewicht der Strahlenwirkung am Instrument und damit der angezeigte
Ladungszustand.
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Loewenthals Strahlenforschungen erfolgten in engem wissenschaftlichen
Kontakt zu dem Braunschweiger Radiochemiker Friedrich Giesel (1852-1927)
und den in Wolfenbüttel lebenden Physikern Julius Elster (1854-1920) und
Hans Geitel (1855-1923). Man kannte sich vom Braunschweiger Verein für
Naturwissenschaften – Familie Giesel gehörte zudem auch zum privaten
Freundeskreis. Zusammen mit den Ärzten Otto Walkhoff (1860-1934) und
Alfred Sternthal (1862-1942), dem Physiker Karl Bergwitz (1875-1958) und
den Instrumentenbauern Günther & Tegetmeyer sowie Richard Müller-Uri
(1859-1929) und Louis Müller-Unkel (1853-1938) bildete man einen
Spezialistenkreis, der Braunschweig/Wolfenbüttel zu einem Zentrum der
frühen Forschungen auf dem Gebiet der Ionisierenden Strahlung machte. |
Mitglied im Verein für Naturwissenschaft Braunschweig ab Nov. 1896
Vortragsaktivitäten im Verein: 02.12.1897 Altes und Neues über Phrenologie 03.11.1898 Über einige neuere Eiweißpräparate 12.12.1901 Üeber Wärme als Heilmittel und Vorführung eines von ihm erfundenen Heißluftapparates 05.12.1907 Über die Radioaktivität der Heilquellen 17.12.1907 Über die Verwendung der Radiumemanation in der Heilkunde 04.11.1909 Neuere Arbeiten über medizinische Anwendungen des Radiums
15.12.1910 Bericht über den Internationalen Kongreß für Radiologie 15.12.1910 Die Fortschritte der Radiumtherapie 19.10.1911 Fortschritte der biologischen Radiumforschung 06.11.1923 Einfluss von Klima und Witterung auf die Gesundheit 16.01.1930 Erinnerungen an Prof. Dr. F. Giesel |
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Angesichts der
sich epidemisch verbreitenden Anhänger des Nationalsozialismus, die für
die jüdischen Familien im Lande das Leben immer unerträglicher machten,
emigrierten Loewenthals im November 1935 nach Palästina. Siegfried
Loewenthal setzte hier unvermittelt sein ärztliches Engagement fort und
beteiligte sich beispielsweise in Tel Aviv am Aufbau einer
radiumtherapeutischen Praxis. Im Juli 1951 starb Siegfried Loewenthal in
Ramoth Hashavim. |
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Veröffentlichungen
* Über die Einwirkung von Radiumemanation auf
den menschlichen Körper
*
Laquer, A., Loewenthal
*
Über Bestimmung der Quellemanation
*
Über die Wertschätzung von Heilquellen auf
Grund ihrer Radioaktivität
* Loewenthal, Edelstein
*
Über den Brunnenrausch
*
Loewenthal; Wohlgemuth
*
Demonstrationen zur Emanationstherapie
*
Über Meßmethoden und Einheiten in der
biologischen Radiumforschung
*
Über die Indikationen der Radiumtherapie bei
inneren Krankheiten
*
Grundriss der Radiumtherapie und der
biologischen Radiumforschung
*
Gudzent, F.; Loewenthal, S.:
Ueber den
Einfluss der Radiumemanation auf den Purinstoffwechsel
*
Über die Wirkung der Radiumemanation auf den
menschlichen Körper
*
Über Schwerfiltertherapie
*
Über sekundäre Elektronenbildung
*
Curie-Umrechnungsfaktor für das
Kohlrausch-Loewenthalsche Fontaktoskop
*
Radiumtherapie und biologische Radiumforschung
*
Schwerfiltertherapie
*
Geschichte der Familie Lessing – Mit
biologischen Bemerkungen
*
S. Loewenthal, H. Probst * Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen; Hrg. Deutsche Röntgen Gesellschaft 1897-1944 |
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Quellenangaben: * Bilzer,
Bert und Moderhack, Richard (Hrsg.): BRUNSVICENSIA JUDAICA. Gedenkbuch
für die jüdischen Mitbürger der Stadt Braunschweig 1933–1945. *
Osthoff, Daniel (Hrsg.): Max Dauthendey. Briefe an seine Jugendfreunde
1890–1892, insbesondere an Siegfried Löwenthal [sic!]; Würzburg 1993. * NN: Zum Gedenken an Dr. Siegfried Löwenthal; Braunschweiger Ztg., 16.12.1951 *
Pagenstecher, Alexander: Dr. Siegfried Löwenthal † 1869-1951;
Braunschweig, 1965 * Pagenstecher, Rudolf Alexander: Ärzteverein Braunschweig 1826-1966; Braunschweig 1966, S. 45-46 * Briefe
(Typoscript) 23.7.1911 und 31.7.1911 an Stefan Meyer (Radiuminstitut
Wien), die Einführung der Einheit „CURIE“ betreffend; |
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